Story-Blog

Nie wieder ein Hovawart

Der Autor Alexander Laubenthal berichtet amüsant über seine Urlaubserlebnisse mit seinen Hunden

von Alexander Laubenthal

Wir sitzen auf der Couch, genauer gesagt sitzen meine Frau und ich auf der Couch und neben jedem von uns liegt ein Hovawart. Jeder Löffel der köstlichen Quarkspeise, den wir zu uns nehmen wird mit einem Blick quittiert, als wären wir Rabeneltern und würden unsere Hunde wieder einmal verhungern lassen. Insgeheim warte ich nur darauf, dass eine der beiden Hovawartdamen irgendwann den Tierschutz anruft und sich über uns beschwert.

Wir wollen in Urlaub fahren und zu diesem Anlass stalken wir andere bei ihren Reiseberichten im Internet. Wir sind gerade bei einem Pärchen gelandet, die mit ihrem Golden Retriever an der französischen Küste auf einem Campingplatz angelangt sind. Nachdem das Pärchen ausgiebig gefrühstückt hat, der Hund lag in der Ecke und schlief, merke ich, wie mein Oberschenkel direkt unter der Schnauze von Aila nass wird. Ich beschliesse mal wieder völlig konsequent zu sein und kratze den letzten Quarkrest aus der Schüssel raus, als Aila den Kopf leicht schief anhebt und mir mit dem Anruf beim Tierschutz droht. Ach, denke ich gerade, so ein bissel Quark ist ja auch gut für den Hund und beruhige meine Nerven damit, als die Schüssel tiefer nach untern sackt. Den bösen Blick meiner Frau ignoriere ich dabei völlig konsequent und entspannt.

In einer der nächsten Folgen ist zu sehen, wie das Pärchen völlig relaxed durch eine Hafenstadt schlendert und der Goldi einfach nur hinterher trottet, selbst das Eis, welches die beiden verzehren, wird keines Blickes gewürdigt. Nachdem, ich nenne sie mal Tom und Ute mit Goldi, wieder auf den Campingplatz kommen und vor ihrem Wohnmobil Quartier beziehen, kommt ein Nachbarshund an deren Womo und Goldi empfängt ihn schwanzwedelnd.
Ich blicke von der Seite meine Frau an, während die Quarkschüsseln so sauber neben uns stehen, dass man sie eigentlich sofort wieder in den Schrank stellen könnte. „Schon ein bissel langweilig, so ein Goldi“ sage ich zu meiner Frau. Die sich kurz Zeit nimmt mit einer Antwort und mir dann ganz ruhig entgegnet „aber entspannt“.
Die Antwort sitzt jetzt tief, wie mit einem Vorschlaghammer dringen diese Worte tief in mein Bewusstsein „aber entspannt“.
Was will Frauchen Iris denn damit sagen? Sind unsere Urlaube mit zwei Hovawart-Rockern nicht entspannt? Haben wir durch unsere Hunde nicht etliche Leute kennengelernt und uns auch immer brav entschuldigt, wenn Hasso, Bello und Buma durch den Sand gerollt wurden?

Wenn wir auf einem Campingplatz stehen, ist es doch auch immer entspannt. Noch bevor wir die Markise am Bulli ausfahren, stelle ich zuerst rechts und links davon je einen Wachturm auf, an dem in mehreren Sprachen Checkpoint Hovawart steht.

Bin ich nicht ganz entspannt geblieben, als im letzten Jahr morgens die Frau mit ihrem leinenlosen Hund vom Bäcker mit dem frischen Baguette kam und ihr Hund zu uns auf die Parzelle gelaufen kam, als ihn völlig entspannte Hovawarte am Checkpoint abgefangen haben? Blieb ich nicht total entspannt, als die Frau schreiend ihren Hund auf den Arm nehmen wollte und dabei das Baguette verlor und Jessie die Rakete es entspannt vom Boden aufgeboben hat und es in ihr Körbchen trug?
Sind unsere morgendlichen Spaziergänge nicht auch hier am Niederrhein nun viel entspannter, seit ich überall Schilder „Achtung! Hovawart kreuzt den Weg“ aufgestellt habe?

Gut, es ist etwas mühsam, immer das ganze Papier mit sich zu tragen, aber es lohnt sich, nach jeder Begegnung mit anderen Hunden eine Rassebeschreibung des Hovawarts abzugeben. Je länger ich darüber nachdenke, haben meine Frau und ich doch andere Ansichten von „Entspannt“. Vielleicht wäre es doch schön, einen Hund zu haben, der entspannt durch die Gegend läuft. Mit dem ich nicht diskutieren muss, warum er gerade dem Schnauzer nicht eins aufs Maul hauen darf, nur weil deren Frauchen ihren Hund nicht lesen kann und er eben nicht freundlich auf uns zugerannt kam.

Wäre es nicht viel entspannter, anstatt einer Millisekunde Zeit zum Reagieren zu haben, eine Viertelstunde, weil mein entspannter Hund erst einmal das Blümchen begutachten muss, was gerade am Wegesrand steht und dem kläffenden Mischling einfach den Hintern zudreht?

Wie entspannt wäre es gewesen, wenn der Paketbote, der mich im Garten sah und ich nicht auf die Klingel reagierte, einfach ums Haus gelaufen kam, meinem entspannten Hund einfach das Päckchen ins Maul gesteckt hätte, anstatt sich schreiend im Gartenhaus zu verstecken?
Auch als die Zeugen Jehovas mit einem Gottvertrauen einst durch das Gartentor traten, hätte ein entspannter Hund sich doch mit ihnen über Gott unterhalten können, aber nein, sie mussten ja auf einen AtheistenWart treffen. Heute finde ich noch vereinzelt einige Seiten aus dem Leuchtturm.

Es wäre schon sehr entspannt, wenn gerufene Befehle nicht ständig durch einen Funkabbruch ignoriert werden. Selbst meine Siri, die zu Hause im Homepod wohnt, kann mich aus 10 Metern Entfernung verstehen, wenn ich den Mund voll habe und ihr zurufe „Hey Siri spiele – Smells Like Teen Spirit von Nirvana“. Macht das mal nach, halbes Brötchen im Mund und dann „Hey Siri spiele – Smells Like Teen Spirit von Nirvana“. Siri versteht mich völlig entspannt. Aila hält dann schon mal entspannt das Schild „Disconnected“ nach oben. Nachdem die Checkerin dann völlig entspannt vom Feld kommt, diskutieren wir auch schon mal gerne die Situation entspannt aus.

Ich glaube der nächste Hund wird kein Hovawart. Es wäre so toll, einen Hund zu haben, mit dem du sorgenfrei durch die Gegend ziehen kannst, und triffst du auf andere Hunde, rufst du nur ganz lässig „Keine Angst, der will nur spielen“.

Warum ständig Schulungen und Seminare besuchen, um zu verstehen, wie mein Hund denkt oder wie ich ihn lerne zu lesen. Ich will einen entspannten Hund, der mich versteht!

Gerade als ich in die Suchmaschine „entspannte Hunderasse“ eingeben will, robben unsere beiden Hunde ganz eng an uns ran, seufzen einmal vor lauter Entspannung auf. Meine Frau nimmt mich in den Arm „Wir haben schon zwei tolle und souveräne Hunde und du bist auch schon viel entspannter geworden.“

In diesem Sinne
Hovawart – alles andere ist nur pure Entspannung
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16 Gedanken zu „Nie wieder ein Hovawart“

  1. Dankeschön für die nette Geschichte, mal wieder! Unsere Elli wird von Tag zu Tag entspannter, hier im Urlaub in St. Peter-Ording , wo es gefühlt die größte Hundedichte pro Mensch gibt.
    Mittlerweile wird nur jeder 3. Wuffi verhört, so in der Art was er oder sie denn auf ihrer Urlaubspromenade verloren hat!

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  2. Genau, wir haben auch einen völlig entspannten Grenzwart, der gerade dem Nachbarn erklärt, dass er SEINE Grundstücksgrenze NICHT mit dem Rasenmäher tuschieren darf😂

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  3. Ich liebe deine Geschichten 🥰, lese sie immer meinem Mann vor und kann teilweise nicht weiterlesen vor lauter lachen 😂…. in jedem Wort erkennt man seinen eigenen Liebling 🐕‍🦺

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  4. Ich finde die Hovawart Geschichten auch immer sehr schön .Nachdem im Februar unsere Maja (Hovawart)verstarb .Haben wir seit 4 Wochen wieder ein kleines Hovawart Mädchen,zu unserem Labrador Rüden.so ganz kommt man von einem Hovawart nie los .Ist eine tolle Hunderasse.

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  5. Wunderbar geschrieben – und direkt aus unserer Seele gesprochen. Wir hatten übrigens vor unserer jetzigen Hovawart-Hündin einen Golden Retriever. Und ja, sie war wirklich toll…
    Und danach hat dieser Hovawart (inzwischen knapp 2) unsere gesamte Hundewelt auf den Kopf gestellt- sie ist eben ein ganz normaler Hovi. Ich habe lange gebraucht, um das Hovi-Wesen zu akzeptieren – aber jetzt denke ich, meine Freyja ist echt ein toller Hovi… ja alles andere ist eben Hund

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  6. Die Geschichte ist ja wie ein Spiegel zu meinen beiden. Da weiß man, dass ich nicht der einzige bin , der glaubt bei der Hundeerziehung total versagt zu haben.
    Hovi ist und bleibt einzigartig. Anstrengend aber schön.

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  7. Die Story ist mal wieder der Brüller. Es ist unfassbar, wie ich mich mit meinen Hovawarten in diesen Storys wiederfinde.
    Die Storys sind super toll geschrieben.
    LG aus dem Sauerland

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  8. Herrlich geschrieben 😁 Mit meiner Flicka habe ich zwar eher einen Goldi im Hovipelz, aber mein Henk passte absolut in die „entspannte“ Beschreibung.
    Liebe Grüße aus „VW-Land“ 😊

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  9. Gut geschrieben, Mein Arko ist jetzt fast 6 Jahre und ich glaube er wird langsam etwas entspannter aber der Empfang ist zuweilen immer noch sehr schlecht.
    Immer wieder schön diese Seite zu besuchen

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  10. so schön geschrieben. wir haben zwar „nur“ eine Hovi Appenzeller Mischling. aber beim Wesen hat der Hovi sich durchgesetzt. liebe Grüße aus Nordhessen

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  11. Einfach zum Schmunzeln und doch so wahr.

    Mittlerweile ist Nani Nanouk ein Hovawart in blond über 14 Jahre und bis er 13 Jahre alt war, war Entspannung eher ein Fremdwort.

    Habe ich ihn abgeleint, hat er in 100 Metern schon seinen Opferhund gesehen. Ich ohne Brille hab hatte mal den Radius von paar Metern in Blick. Er lief dann los, so nach dem Motto „Ich regel das schon Alte“. Zudem wurde das Besuchsrecht neu aufgestellt und wo wir einmal waren, ob ne Parkbank oder so, war dann seins. Ebenfalls durften nur auserwählte Hunde in seinem Dunstgreis weilen.

    Heute ist er mit seinen 14 Jahren von der Altersweisheit noch weit entfernt, aber wegen Rücken und Co. muss auch ein Hovawart etwas nachgeben.

    Ich liebe sein Sturheit, seine Rechthaberei und seinen Charakter und es ist eine Rasse mit starkem Durchsetzungvermögen.

    Danke für die netten Geschichten in denen man sich selbst wiederfindet.

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  12. Es ist so schön einen Hovi zu besitzen..Meine drei Jungs…Amigo war der Rüpel schlechthin,Amos der entspannteste unter der Sonne,und mein jetziger Apollo ist eine Mischung aus beiden..für mich gibt es nur Hovi..sie sind einfach tolle Hunde ❤

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  13. Hmmm…. Jetzt bin ich doch verunsichert.
    Ich habe einen Tibet Terrier und denke darüber nach, wenn er nicht mehr lebt, einen Hovawarth anzuschaffen.Aber jetzt weiß ich nicht ob ich das richtige „Frauchen“ für diese Rasse bin…das klingt alles sehr stressig…🤨

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